|
|
Ebbe,
Flut, Sturmflut
Wir
erklimmen todesmutig einen Deich, freuen uns auf den Anblick des Meeres,
doch wo eigentlich das Meer sein müsste, da ist weit und breit
kein Wasser zu sehen. Dieses Phänomen nennt sich Gezeiten oder
auch Tide und tritt, verursacht durch die Gravitationskräfte
von Mond und Sonne, auf den großen Gewässern der Erde auf.
Stehen Sonne, Mond und Erde auf einer Geraden wie bei Voll- und Neumond,
so addieren sich die Anziehungswirkungen, und es kommt zu einer hohen
Tide. Stehen Sonne, Mond und Erde in einem rechten Winkel zueinander
wie bei Halbmond, so wird die Gezeitenwirkung des Mondes durch die
der Sonne abgeschwächt, und es kommt zur niedrigeren Tide. Als
Flut bezeichnet man den gesamten Zeitraum des Steigens, sogenanntes
“auflaufendes Wasser“. Als Ebbe gilt der Zeitraum des
Sinkens des Wasserspiegels, sogenanntes “ablaufendes Wasser“.
Der Tidenhub ist die Differenz von Ebbe und Flut. Da die Erde sich
in 24 Stunden einmal um ihre eigene Achse dreht, entstehen Fliehkräfte.
Die sorgen für zweierlei: Die Gezeiten laufen wie riesige Wellen
rund um den Erdball. Auf der gegenüberliegenden Seite der Erdkugel
bildet sich zu dieser Flutwelle durch die Fliehkraft ein entsprechender
“Flutberg”. Eine Tide (Ebbe und Flut) dauert zwölf
Stunden und 24 Minuten an. Die Nordsee ist vom Tiedenhub deutlich
stärker betroffen als die Ostsee, da diese nicht mit den Wassermassen
der Weltmeere verbunden ist. Nordsee zwischen zwei und drei Metern,
Ostsee dagenen um die dreißig Zentimeter.
Wie kommt es zur Sturmflut?
Fällt eine Flut mit dem Höhepunkt anhaltend starker Stürme
zusammen, bildet dieses die Grundlage für die so genannte Sturmflut.
Heftigste Wind schieben dann gewaltige Wassermassen an die Küsten
und in die hierfür besonders anfälligen Flussmündungen
an der Nordseee. So geschehen beispielsweise damals, am 16. Februar
1962, als eine gewaltige Sturmflut die norddeutsche Küste heimsuchte.
Ein Wasserberg raste die Elbe herauf und riss mit unvorstellbarer
Gewalt zahlreiche Deiche nieder. In wenigen Stunden versank ein Fünftel
des Hamburger Stadtgebietes in den Fluten. Mehr als 400 Kilometer
Deich wurden vernichtet oder stark beschädigt.
Betrachtet man die durch Sturmfluten entstandenen Schäden, versteht
man besser das Verhältnis der Friesen zu ihren Deichen. Nach
1962 wurde der Küstenschutz kontinuirlich verbessert, unter anderem
wurde mit der Planung des Eidersperrwerks begonnen. Sturmfluten suchen
dieses Gebiet natürlich immer noch heim, teils sogar heftiger
als früher, aber die Schäden die durch sie verursacht werden,
fallen zusehends geringer aus.
Gezeitenberechnung
für die Deutsche Nordseeküste
|
Auflistung
schwerer Sturmfluten an Nordseeküste und Elbe
|
Januar
1362
Die erste "Grote Mandränke",
oder auch "Zweite Marcellusflut" genannt. Dieser Sturmflut
wird der Untergand der Stadt Rungholt zugeschrieben. Chroniken berichten
von 100000 bis 150000 Toten. Die Landverluste waren immens.
|
November
1532
Die bedeutendste Flut des 16. Jahrhunderts mit einem Wasserstand von
4,16 m über NN. Es gab sehr viele Deichbrüche, tausende
von Menschen kamen ums Leben. Bei Büsum brachen 2/3 der Deiche
und es entstanden 11 Wehlen. Eeine Wehle ist ein durch einen Deichbruch
im Zuge einer Sturmflut entstandener See oder Teich.
|
Weihnachtsflut
1593
Erhebliche Deichbrüche in Nordfriesland.
|
Große
Nordstrander Flut, Oktober 1634
Die Burchardiflut oder "Zweite Grote Mandränke" war
eine verheerende Sturmflut, die in der Nacht vom 11. auf den 12. Oktober
1634 die Nordseeküste zwischen Ribe und Brunsbüttel verwüstete.
Ihr fielen zwischen 8.000 und 15.000 Menschen zum Opfer. Die schwersten
Schäden entstanden im Bereich Nordfrieslands, wo Wasser und Wind
insbesondere Eiderstedt verheerten und große Teile der Insel
Alt-Nordstrand für immer im Meer versanken.
|
Dezember
1717
Die größte Katastrophenflut des 18. Jahrhunderts, der Wasserstand
erreichte 4,6 m über NN. An der gesamten Nordseeküste von
den Niederlanden bis Dänemark ertranken fast 12.000 Menschen
und 100.000 Stück Vieh, 5.600 Gebäude wurden zerstört
und 6.000 km² Land wurden überflutet. In Dithmarschen kamen
88 Menschen ums Leben. 20 Häuser wurden zerstört. Brunsbüttel,
Glückstadt, Büsum und Töning wurden überflutet,
da die Deiche auf mehreren Kilometern fortgerissen wurden. Im Februar
1718 folgte noch eine schwere Eisflut.
|
Oktober
1745
Sehr schwere Flut mit Wasserständen um 4,7 m über NN und
zahlreichen Deichschäden. Es gab kaum Verluste, da nach 1717/18
die Etablierung stärkerer, wehrhafterer Deichprofile faßte.
|
Februar
1825
Die schwerste Sturmflut des 19. Jahrhunderts. Der Wasserstand betrug
5,0 m über NN. Infolge der Weiterentwicklung der Deichbautechniken
gab es nur begrenzte Schäden, dennoch ertranken 800 Menschen
und 45.000 Stück Vieh. 2.400 Gebäude wurden zerstört.
|
Januar
1916
Wasserstand 4,44 m über NN: mehrere Deichbrüche.
|
Februar
1916
Wasserstand 4,48 m über NN: mehrere Deichbrüche.
|
Oktober
1936
Wasserstand 4,33 m über NN: zahlreiche Deichbrüche.
|
Februar
1962
Die gesamte Nordseeküste wurde stark in Mitleidenschaft gezogen.
Die Fluthöhe erreichte in Büsum 4,94 m über NN. Hamburg
war am schwersten betroffen, 400 km Seedeiche wurden schwer beschädigt
oder brachen. 340 Menschen ertranken, 1.255 Wohnungen wurden zerstört
und 27.000 beschädigt.
|
Dezember
1973
geringe Schäden: Wasserstand 4,4 m über NN in Büsum
|
Januar
1976
Die Jahrhundertflut an der Elbe: Wasserstand 6,45 m über NN in
Hamburg und ein Wasserstand 5,15 m über NN in Büsum. Es
gab zahlreiche Deichschäden und einige Deichbrüche. Durch
den verbesserten Ausbau der Seedeiche blieben Schäden und Verluste
gering.
|
November
1981
Die zweithöchste Flut an der Elbe: Fluthöhe 4,75 m über
NN in Büsum. Sie verursachte Schäden an Deckwerken, Deichen
und besonders sandigen Küsten, Nordfriesland war stärker
betroffen.
|
Dezember
1999
Das Sturmtief Anatol brachte eine sehr schwere Flut mit Wasserständen
von 5,0 m über NN in Büsum. Bereits 2 1/4 Stunden vor dem
astronomischem Hochwasser trat der höchste Wasserstand ein. Der
weiteren Optimierung der Deichprofile ist zu verdanken, daß
es nur sehr geringfügige Schäden gab.
|
|